Bei den Beiträgen handelt es sich um die ganz persönlichen Meinungsäußerungen von
Klaus Feick
Der Ökolandbau ist eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte. Gehen wir mal von den 1970er Jahren aus. Die Anzahl der Ökobetriebe konnte man an der Hand abzählen. Der Anteil an der gesamten Landwirtschaft bewegte sich im Promillebereich. Die Motivation der ersten Generation und Pioniere des Ökolandbaus waren die Unabhängigkeit von der Agrarindustrie und die umweltschonende Produktion von gesunden Lebensmitteln ohne Agrochemie.
Durch die zunehmende Akzeptanz und Honorierung der Leistungen der Ökobetriebe durch die Verbraucherinnen und Verbraucher hat sich der Ökolandbau langsam aber stetig entwickelt. Seitdem hat sich der Anteil der ökologisch wirtschaftenden Betriebe Jahr für Jahr erhöht auf inzwischen bundesweit rund 2. Mio. ha, was einem Anteil von etwa 11% entspricht.
Seit dem 1. Januar 2022 ist in Deutschland das Töten männlicher Küken verboten. Gut könnte man/frau meinen. Doch die Dinge sind, wie eigentlich fast immer, komplizierter.
Das Töten der männlichen Küken ist zwar verboten, doch wozu dies im Einzelnen führt und wie das Schicksal der männlichen Küken aussieht, dafür gibt es viele verschiedene und mehr oder weniger schöne Möglichkeiten.
Kaum eine Klimadiskussion, in der nicht die Kuh als ein wesentlicher Klimakiller gebrandmarkt würde. Die Kuh ist ein, bzw. richtigerweise eine Wiederkäuerin. Als solche kann sie Gras und allerlei Grünzeug im Pansen mit Hilfe von Bakterien verdauen, wobei Methan entsteht, das ihr entweicht. Genau genommen produziert nicht die Kuh das Methan, sondern die Bakterien, genauso wie in einer Biogas-Anlage. Pro Kuh sind dies im Jahresdurchschnitt mehr als 100 l Methan pro Tag. Und Methan ist in etwa 21 x klimaschädlicher als CO². So weit so ungut. Aber macht das die Kuh wirklich zur Klimakillerin?
Wer 1 + 1 zusammenzählen kann weiß, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann, wenn 1 kg Schnitzelfleisch für 5,99 zu haben ist.
Auf die skandalösen Produktionsbedingungen, die einen solchen Preis möglich machen, weisen Tierschützer, Umweltverbände und auch Ökobauern schon seit Jahrzehnten
hin. Bisher leider ohne Erfolg.
Das beginnt bereits bei der Zucht der Tiere. Hauptzuchtziele sind eine hohe Futterverwertung, also möglichst wenig Futter für möglichst viel Schnitzel und möglichst
hohe tägliche Zunahmen. Schließlich macht jeder Tag Arbeit und kostet Geld. Heute sind tägliche Zunahmen bis zu 1000g/Tag möglich. Ja, 1 kg Gewichtszunahme täglich!
Ein Mastschwein muss bis zur Schlachtung mit 100 kg unter „guten“ Mastbedingungen nur 5 Monate durchhalten. Warum soll man da auf Langlebigkeit oder Robustheit züchten. Und dann gibt es ja auch noch Antibiotika, für die es inzwischen zur Not auch einen florierenden illegalen Internethandel gibt.
Ja, es geht um Diskriminierung. Während das „original“ Schmuddelkind in einem Lied von Franz Josef Degenhardt, das 1965 (!!) erschien, ein Flüchtlingskind
war, das in einem Boot vor Krieg in der Heimat floh, möchte ich allerdings nicht mit denjenigen spielen, die in der heutigen Zeit solche Flüchtlingskinder für die Verbreitung einer rechtsnationalen
Ideologie instrumentalisieren.
Doch warum ist das überhaupt ein Thema für einen agrarpolitischen Blog?
Seit einigen Wochen machen Grüne Kreuze, von Landwirten aufgestellt, an Feld- und Wegesrändern darauf aufmerksam, dass immer mehr Höfe in Deutschland für immer ihr Hoftor schließen und aufgeben. Anlaß dafür gab das von Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium verabschiedete „Aktionsprogramm Insektenschutz“. Viele Landwirte befürchten dadurch massive Erschwernisse in der Produktion, sowohl auf dem Acker als auch im Stall. Es ist davon die Rede, dass Flächen angeblich wertlos werden, die Lebensmittelversorgung gefährdet wird und Nahrungsmittel zukünftig aus dem Ausland importiert werden müssen.
Ist diese Angst berechtigt oder ist das populistische Panikmache?
Wird dieser Protest dem Anlaß überhaupt gerecht oder werden hier nicht vielleicht Ursache und Wirkung verwechselt?
Der Ökolandbau nahm seinen Anfang zu Beginn des letzten Jahrhunderts mit den anthroposophischen Ansätzen Rudolfs Steiners. Hinzu kam ab der 1940er und 50er Jahre die
organisch-biologische Landbaubewegung mit der Begründung des organisch-biologischen Landbaus durch den Schweizer Agrarwissenschaftler Hans Müller und
dessen Frau Maria Müller sowie dem Bakteriologen Hans Peter Rusch in der Schweiz. Motivation für deren Engagement war die zunehmende Abhängigkeit, in die sich die Landwirte im Zuge der
Industrialisierung begaben und die vor allem die Existenz kleinbäuerlicher Betriebe bedrohte. Sie begründeten ein Anbausystem, das sich auf die Förderung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit besann
und mittels Kreislaufwirtschaft ohne die Zufuhr von Zukaufsdünger und chemischen Pflanzenschutz auskommen sollte. Damit war der Samen für die Entwicklung des Ökolandbaus in Europa gelegt und die
Wirtschaftsweise breitete sich von der Schweiz über Österreich und Deutschland schließlich in ganz Europa aus. Die weitere Entwicklung erfolgte über Jahrzehnte durch das Engagement von
Landwirten/-innen, die dafür sehr viel in Kauf nahmen und teilweise als grüne Spinner an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurden. Diesen Pionieren ging es um Unabhängigkeit und die Bewahrung
der Ressourcen.
Aus der Bewegung dieser Pioniere entstand 1971 mit einer Handvoll von Betrieben der Bioland-Verband.
Was ist aus dieser Bewegung heute geworden und wie entwickelt sie sich weiter?
Mit Spannung wurde das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur rechtlichen Einstufung neuer Gentechnik-Verfahren, sogenannter Mutagenese-Methoden wie CRISP/Cas und Co. erwartet. Derartige Methoden sind derzeit bei Züchtern groß in Mode, da sie mit vergleichsweise wenig Aufwand und vor allem sehr schnell gezielte Veränderungen des Erbguts von Pflanzen ermöglichen. Entsprechend stark war und ist die Lobby der Agrarindustrie, diese Verfahren nicht extra kennzeichnen und auch keine speziellen Zulassungsverfahren durchlaufen zu müssen.
Das Urteil des EuGH ist jedoch eindeutig. Demnach stuft der EUGH diese Verfahren zweifelsfrei als Gentechnik ein, mit der Folge, dass Sorten, die mit den entsprechenden Verfahren gezüchtet wurden, als solche gekennzeichnet, und dass sie ein entsprechendes Zulassungsverfahren durchlaufen müssen.
Und das ist gut so!
Ein wichtiges Anliegen der Ökobauern ist die Produktion unbelasteter Lebensmittel. Eine Qualität von Bio-Lebensmitteln resultiert demnach aus der Kontrolle eines sauberen Produktionsprozesses ohne die Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Folgerichtig sind Bio-Produkte häufig frei von Pestizidrückständen oder weisen zumindest deutlich geringere Belastungen auf. Einen Anspruch auf Rückstandsfreiheit können jedoch auch Bio-Produkte nicht erheben, da auch deren Produktion Umwelteinflüssen ausgesetzt ist, die Bio-Bauern nicht beeinflussen können. Die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln aus der konventionellen Landwirtschaft ist daher seit jeher eine Belastungsquelle für Pflanzenschutzmittelrückstände und sehr problematisch.
Was passiert, wenn auf Pflanzenschutz verzichtet wird?
Darüber möchte der Industrieverband Agrar die Verbraucher/-innen ganz praxisnah aufklären und zeigen, wie wichtige Pflanzenschutz für gesunde Kulturpflanzen ist, denn Zitat: „ Unkräuter, Schädlinge und Krankheiten sorgen dafür, dass es nicht viel zu ernten gibt, wenn man sie nicht bekämpft“. Hierzu hat der Verband erstmalig 2015 die Aktion „Schau ins Feld“ ins Leben gerufen, zu der er auch jetzt wieder aufruft. Dabei fordert der Verband Landwirte dazu auf, an Feldrändern entlang von stark frequentierten Straßen oder Wegen keinerlei Pflanzenschutzmaßnahmen durchzuführen. Auf der unbehandelten Fläche ist laut Verband bald nur noch wucherndes Unkraut über verkümmerten oder verfaulten Pflanzen zu sehen. Dazu verteilt der Verband kostenlos Schilder an die teilnehmenden Landwirte, um auf die Aktion und die dringende Notwendigkeit der Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel hinzuweisen, denn „Der Nutzen des modernen Pflanzenschutzes erschließt sich auf den ersten Blick“. Vorbei kommende Fußgänger oder Radfahrer sollen durch die Ansicht der „unkrautwuchernden Schau-Fenster“ von der Notwendigkeit des chemischen Pflanzenschutzes überzeugt werden. Obendrein werden die engagiertesten Landwirte als „Pflanzenschützer des Jahres“ geehrt und erhalten einen Gratis-Besuch der Grünen Woche.
Ist das nicht endlich einmal eine preisverdächtige, weil vorbildliche, seriöse und fachlich fundierte Form der Verbraucheraufklärung oder ist das eher eine besonders dreiste Form von Lobbyismus und Verbraucherverdummung?
Am liebsten würde ich in Abwandlung Joschka Fischer zitieren: „Mit Verlaub Herr Minister, Sie sind……“ Doch selbst im größten Ärger bewahre ich mir noch mehr Anstand als besagter Herr Minister.
Bisher ist der noch amtierende Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) nicht durch Taten, sondern eher durch wenig aussagekräftige Worte und vor allem durch das Verfassen etlicher unverbindlicher Papiere aufgefallen. Staatliches Tierschutzlabel oder sein „berühmtes“ Grünbuch, in dem er die Leitlinien der zukünftigen Agrarpolitik vorstellt, sind hierfür prominente Beispiele.
Doch nun, wo das Ende seiner Amtszeit in Sicht ist und er sein Amt nur noch geschäftsführend ausübt, läßt er es so richtig krachen.
Ornithologen schlagen Alarm. Die Artenvielfalt, insbesondere bei den Feldvögeln, nimmt dramatisch ab, wie der jüngste Brutvogelatlas belegt. Seit 1980 verschwanden in Deutschland mehr als die Hälfte der Wiesenvögel. In vielen Agrarlandschaften sind einst typische Arten wie Rebhuhn, Feldlerche oder Kiebitz nicht mehr zu finden.
Die Intensivierung der Landwirtschaft ist die Hauptursache für den Artenrückgang bei den Vögeln. Durch Entwässerung und Umbruch von Grünland gehen wichtige Lebensräume verloren, ebenfalls durch immer weniger werdende Kulturen und engere Fruchtfolgen auf dem Acker.
Der wichtigste Grund aber ist der Einsatz von Pestiziden, wodurch die Nahrungsgrundlage der Vögel vernichtet wird.
Die Preise für Agrarland sind in Deutschland zwischen 2005 und 2015 um durchschnittlich 116% gestiegen, in Ostdeutschland sogar überdurchschnittlich um bis zu 350%. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Der Boden als Grundlage der Landwirtschaft ist nicht vermehrbar. Vielmehr sinkt die landwirtschaftlich nutzbare Fläche in Deutschland jeden Tag um mehrere Hektar (1ha = 10.000 m²). Zwischen 1994 und 2014 sind alleine 860.000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche unter Beton und Asphalt verschwunden für Gebäude- und Straßenbau. Hinzu kommen die seit Jahren niedrigen Zinsen. Rentable Geldanlagen sind daher rar gesät und der Kauf von Ackerland verspricht hohe Renditen. Entsprechend aktiv sind beim Ackerkauf inzwischen daher auch in Deutschland außerlandwirtschaftliche Investoren, die sich eine stabile Geldanlage mit hoher Rendite versprechen.
GAP ist das Fachkürzel für die Gemeinsame Agrar-Politik der EU. Die Agrarpolitik ist der erste Politikbereich, der EU-weit geregelt wurde und geht bereits auf das Jahr 1962 zurück. Die Tatsache, dass die Agrarpolitik der einzige Bereich ist, der EU-weit geregelt und finanziert wird, erklärt übrigens auch, warum das Agrarbudget einen so großen Anteil am EU-Haushalt ausmacht. Aktuell beträgt dieser knapp 40% des EU-Haushalts.
Die GAP verfolgte von Beginn an das Ziel, die europäische Landwirtschaft konkurrenzfähig im Vergleich zu dem Weltmarkt zu halten. Dabei standen am Anfang vor allem
Preis-Garantien im Vordergrund, die zu dem berühmten „Butterberg“ führten, in dem eine Milchproduktion zu garantierten Preisen subventioniert wurde ohne dass dafür Absatzkanäle vorhanden waren.
Im Laufe der Jahre wurden die Preisgarantien abgeschafft und durch produktionsunabhängige Direktzahlungen bezogen auf die Fläche ersetzt (=1. Säule der GAP). Diese Direktbeihilfen werden ergänzt
durch länderspezifische Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums (=2. Säule der GAP). Zu den Programmen der 2. Säule gehören Agrarumweltmaßnahmen wie z.B. Blühstreifen und auch der
Ökologische Landbau, aber auch der Ausbau des Breitbandnetzes auf dem Land oder der Wegebau. Während die Direktbeihilfen zu 100% EU-finanziert sind, müssen die Programme der 2. Säule durch
Bund und Bundesländer kofinanziert werden. Dies hat zur Folge, dass je nach Haushaltslage der Länder Agrarumweltmaßnahmen wie der Ökolandbau unterschiedlich stark gefördert werden. Aktuell
fördert z.B. das Saarland keine neuen Betriebe, die auf Ökolandbau umstellen möchten, da die Landeskasse leer ist (so zumindest die offizielle Begründung).
Die offizielle Begründung für die Direktbeihilfen wiederum ist, dass die europäischen Landwirte Einkommensbeihilfen brauchen, da ihr Einkommen im Vergleich zur
Nicht-Landwirtschaft deutlich niedriger liegt und dass sie im Vergleich zu außereuropäischen Landwirten höhere Umweltstandards zu befolgen haben und daher teurer produzieren müssen und damit auf
dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind. Das lassen wir einfach mal so stehen.
Die derzeitige Förderpraxis der pauschalen Flächenzahlung führt aber dazu, dass ein Teil des Geldes gar nicht bei den Landwirten ankommt, sondern zu einem
gewissen Teil über den Pachtpreis direkt bei den Landeigentümern landet bzw. bei wenigen agrarindustriellen Großbetrieben oder gar Industriekonzernen. So gehört z.B. die Südzucker AG, der
weltweit größte Zuckerproduzent mit Sitz in Mannheim, zu den größten Empfängern landwirtschaftlicher Subventionen in Deutschland.
Es gibt also großen Korrekturbedarf an der GAP.
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