Auch wenn die Bundesregierung einen Teil der ursprünglich geplanten Kürzungspläne beim Agrardiesel und der Kfz-Steuerbefreiung zurück genommen hat, werden auch wir uns am Montag mit einem Traktor an den geplanten Bauernprotesten beteiligen. Zu groß ist der Ärger und der Frust über die unserer Meinung nach ungerechtfertigten Kürzungspläne. Eingeführt und inhaltlich begründet sind die Kfz-Steuerbefreiung und die teilweise Rückerstattung der Dieselsteuer für Land- und Forstwirte deshalb, weil diese die damit finanzierte Instandhaltung der Straßeninfrastruktur nur in geringem Maße nutzen. Daher betrachten wir diese Entlastung für Landwirte auch nicht als Subvention. Subventionen haben zudem immer eine Lenkungswirkung. Entweder wird etwas subventioniert, weil man es fördern will oder Subventionen werden gestrichen, weil man etwas zurückdrängen will. Durch die Streichung der Agrardieselbeihilfe wird hingegen kein einziger Liter Diesel weniger verbraucht. Landwirte fahren in der Regel weder mit ihren Traktoren in den Urlaub, noch haben sie Alternativen, um ihre Traktoren und Mähdrescher anzutreiben. Es gibt zwar inzwischen elektrisch angetriebene Traktoren und Maschinen, die am Hof eingesetzt werden können. Auch wir fahren schon seit Jahren elektrisch angetriebene Gabelstapler und betanken diese mit 100% Ökostrom. Für Traktoren oder Mähdrescher, die über lange Zeit Schwerstarbeit auf dem Feld leisten müssen, sind aber Alternativen zum Dieselantrieb noch nicht einmal in Sicht. Insofern stimmt das Argument, klimaschädliche Subventionen zu streichen, einfach nicht. Vielmehr entsteht das Gefühl, dass die Landwirtschaft mit vorgeschobenen Argumenten überproportional zur Haushaltssanierung herangezogen werden soll, und das macht viele Bauern zu Recht wütend. Dabei stehen viele Betriebe ohnehin wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand. Und dabei reden wir nicht von work-live-balance, sondern von existenzieller Not. Auch die Landwirtschaft steht vor gewaltigen Transformationsaufgaben: muss ökologisch nachhaltiger werden, muss klimaschonender wirtschaften, muss mehr Tierwohl gewährleisten. Das erfordert jedoch große Investitionen, die die Betriebe wirtschaftlich nicht leisten können. Auch wir müssten eigentlich nach 30 Jahren einen neuen Stall bauen oder zumindest den bestehenden grundsanieren. Wirtschaftlich reicht es allerdings gerade einmal zu den notwendigsten Reparaturen. Und mal ehrlich, würden Sie derzeit zu einer Millionen-Investition in einen neuen Stall raten, der mindestens die nächsten 15 Jahre abbezahlt werden muss? Transferzahlungen an die Landwirtschaft müssten daher gezielt umgeschichtet werden, um diesen Transformationsprozess politisch zu unterstützen. Wenn hingegen Gelder einfach gestrichen werden, wird das Höfesterben nur weiter befeuert, und am Ende bleibt eine hoch industrialisierte Landwirtschaft übrig, die doch eigentlich weder politisch noch gesellschaftlich gewollt ist.
Keine Frage, ein Rundumsorglos-Paket gibt es nicht, erst recht nicht in Zeiten, die von großen Veränderungen geprägt sind. Doch gerade dann braucht es ein Mindestmaß an Verlässlichkeit auf die durch die Politik gesetzten Rahmenbedingungen. Wenn auch die so wechselhaft werden wie das Wetter, ist das Maß an Anpassungsmöglichkeiten überschritten.
Daher unterstützen auch wir diese Bauernproteste. Wir distanzieren uns allerdings ausdrücklich davon, wenn dieser Protest nun von anderen Interessengruppen gekapert und zum Generalstreik aufgerufen oder gar zur Generalabrechnung wird. Was soll denn dessen Inhalt sein? Alles schei……, die Ampel muss weg??? An solchen populistischen und demokratiefeindlichen Forderungen beteiligen wir uns ausdrücklich nicht.
Wir hoffen, dass den Bauernprotesten diese Distanzierung generell gelingt und die Bauern mit ihren Argumenten Gehör finden.