Online-Befragung zur Europäischen Agrarpolitik gestartet
GAP ist das Fachkürzel für die Gemeinsame Agrar-Politik der EU. Die Agrarpolitik ist der erste Politikbereich, der EU-weit geregelt wurde und geht bereits auf das Jahr 1962 zurück. Die Tatsache, dass die Agrarpolitik der einzige Bereich ist, der EU-weit geregelt und finanziert wird, erklärt übrigens auch, warum das Agrarbudget einen so großen Anteil am EU-Haushalt ausmacht. Aktuell beträgt dieser knapp 40% des EU-Haushalts.
Die GAP verfolgte von Beginn an das Ziel, die europäische Landwirtschaft konkurrenzfähig im Vergleich zu dem Weltmarkt zu halten. Dabei standen am Anfang vor allem
Preis-Garantien im Vordergrund, die zu dem berühmten „Butterberg“ führten, in dem eine Milchproduktion zu garantierten Preisen subventioniert wurde ohne dass dafür Absatzkanäle vorhanden waren.
Im Laufe der Jahre wurden die Preisgarantien abgeschafft und durch produktionsunabhängige Direktzahlungen bezogen auf die Fläche ersetzt (=1. Säule der GAP). Diese Direktbeihilfen werden ergänzt
durch länderspezifische Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums (=2. Säule der GAP). Zu den Programmen der 2. Säule gehören Agrarumweltmaßnahmen wie z.B. Blühstreifen und auch der
Ökologische Landbau, aber auch der Ausbau des Breitbandnetzes auf dem Land oder der Wegebau. Während die Direktbeihilfen zu 100% EU-finanziert sind, müssen die Programme der 2. Säule durch
Bund und Bundesländer kofinanziert werden. Dies hat zur Folge, dass je nach Haushaltslage der Länder Agrarumweltmaßnahmen wie der Ökolandbau unterschiedlich stark gefördert werden. Aktuell
fördert z.B. das Saarland keine neuen Betriebe, die auf Ökolandbau umstellen möchten, da die Landeskasse leer ist (so zumindest die offizielle Begründung).
Die offizielle Begründung für die Direktbeihilfen wiederum ist, dass die europäischen Landwirte Einkommensbeihilfen brauchen, da ihr Einkommen im Vergleich zur
Nicht-Landwirtschaft deutlich niedriger liegt und dass sie im Vergleich zu außereuropäischen Landwirten höhere Umweltstandards zu befolgen haben und daher teurer produzieren müssen und damit auf
dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind. Das lassen wir einfach mal so stehen.
Die derzeitige Förderpraxis der pauschalen Flächenzahlung führt aber dazu, dass ein Teil des Geldes gar nicht bei den Landwirten ankommt, sondern zu einem
gewissen Teil über den Pachtpreis direkt bei den Landeigentümern landet bzw. bei wenigen agrarindustriellen Großbetrieben oder gar Industriekonzernen. So gehört z.B. die Südzucker AG, der
weltweit größte Zuckerproduzent mit Sitz in Mannheim, zu den größten Empfängern landwirtschaftlicher Subventionen in Deutschland.
Es gibt also großen Korrekturbedarf an der GAP.
Auch Sie können sich in diese Diskussion einbringen!
Die Landwirtschaft ist nicht nur wichtig in ihrer Funktion als Nahrungslieferant, sondern inzwischen vor allem auch im Hinblick auf den langfristigen Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen.
Öffentliches Geld für Öffentliche Leistungen!
So lautet daher die Kernforderung der Vertreter des Ökologischen Landbaus zur Zukunft der GAP. Nur wenn die Landwirtschaft Leistungen erbringt, die über die gesetzlichen Grundlagen hinaus gehen
und damit einen Beitrag zu Klimaschutz, Ressourcenschutz, Artenvielfalt etc. leistet, wird sie der Gesellschaft gegenüber langfristig die Notwendigkeit von Zahlungen an die Landwirte begründen
können.
Aktuell gibt es eine Diskussion dazu, ob in der laufenden Förderperiode ein Teil aus der 1. Säule in die 2. Säule umgeschichtet werden soll, um so wieder mehr Spielraum für Agrarumweltmaßnahmen
bis 2020 zu schaffen. Während sich eine Mehrheit der Bundesländer dafür ausgesprochen hat, mauert hier die Bundesregierung mit dem Argument Politikverlässlichkeit und Planungssicherheit für die
Landwirte. Wie die Sache ausgeht, ist derzeit noch offen.
Die Förderleitlinien der GAP werden alle 7 Jahre neu festgelegt. Die aktuelle Förderperiode endet 2020 und die Diskussion um die Ausrichtung ab 2020 ist inzwischen entbrannt (siehe Initiative zu
neuen Bauernregeln der Bundesumweltministerin).
Von der Beibehaltung des bisherigen bis zur Abschaffung des derzeitigen Modells reicht die Bandbreite in dieser Diskussion. Die EU-Kommission hat dazu, ganz basisdemokratisch, eine
online-Befragung aller EU-Bürger gestartet, um sich ein Meinungsbild zu verschaffen. Diese läuft noch bis zum 2. Mai 2017. Doch hier ist Vorsicht geboten. Die Fragen sind teilweise sehr komplex,
so dass manchmal kaum durchschaubar ist, wie denn eine bestimmte Antwort interpretiert werden wird.
Daher hat Bioland einen Leitfaden mit Erklärungen zu den Fragen erstellt, die beim Ausfüllen eine Hilfestellung sein sollen aber natürlich kein Muss sind.
Wir Bioland-Bauern wünschen uns, dass sich möglichst viele Menschen an der Befragung beteiligen in der Hoffnung, dass der EU-Kommission klar wird, dass die Menschen keine exportorientierte europäische Landwirtschaft wünschen, sondern eine bäuerliche Landwirtschaft, die vielfältige Funktionen im ländlichen Raum erbringt und die Nahrungsmittelproduktion mit dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang bringt.
Den Leitfaden inklusive Link zur online-Befragung finden Sie hier:
Zugegeben, das ist schon ziemlich schwere Kost. Aber für komplexe Zusammenhänge gibt es leider keine einfachen Lösungen. Für weitere Rückfragen kann sich daher jeder gerne an mich wenden.