Vogelgrippe - Alles klar und im Griff?

Die Vogelgrippe oder Geflügelpest ist eine Viruserkrankung bei Vögeln, hervorgerufen durch Influenza-Viren. Infolge von Genveränderungen entstehen hierbei ständig neue Varianten hochpathogener Viren. Aktuell sorgt der Typ H5N8 für Aufregung. Befallen werden hiervon neben verschiedenen Wildvögeln vor allem Wasservögel und Hausgeflügel. Für Menschen ist das Virus hingegen ungefährlich. Als Infektionsquelle gelten Wildvögel, die über Luft oder Kot per Tröpcheninfektion Nutzgeflügel infizieren könnten.

Als eigentliche Gefahr wird daher die Infektion von Hausgeflügelbeständen und in der Folge die rasche Ausbreitung innerhalb dieser Bestände betrachtet. Als Konsequenz werden alle Hausgeflügelbestände getötet, in denen auch nur ein infiziertes Tier auftritt bzw. in deren Umgebung die Vogelgrippe nachgewiesen wurde, d.h. es werden rein vorbeugend auch massenhaft gesunde Tiere getötet. 2009 wurden z.B. alleine in der Region Cloppenburg in Niedersachsen über 550.000 Tiere getötet.

Um Geflügelbestände vor einer Infektion, z.B. durch Zugvögel, zu schützen gilt derzeit noch in vielen Bundesländern eine Stallpflicht für Geflügel. Doch ist damit nun alles gut?


Mitnichten würde ich sagen. Mit der Stallpflicht wird suggeriert, dass Geflügel im Stall am sichersten (und damit am besten) aufgehoben ist. Doch der Schein trügt. So wurde beispielsweise H5N8 auch in einem konventionellen Hähnchenmastbetrieb nachgewiesen, der die Tiere in einem geschlossenen System hält, also ein Kontakt nach außen durch Filter und Schleusen unterbunden ist.  Wie konnte es also dazu kommen?
Gerade in sehr großen Beständen auf engem Raum haben die Tiere häufig ein schwächeres Immunsystem und eine Infektion kann sich sehr rasch ausbreiten.
Freilandgeflügel hingegen kann aufgrund eines stärkeren Immunsystems eine Infektion eher abwehren. Mit der Stallpflicht werden daher die Tiere unter Umständen nur noch anfälliger für eine Infektion, zumal die Stallhaltung einen erheblichen Stressfaktor für die Tiere darstellt. Auch wenn Wildvögel als Infektionsquelle für Hausgeflügel gelten, tatsächlich wurde dieser Übertragungsweg bisher kein einziges Mal nachgewiesen.
Mir drängt sich daher die Frage auf, ob hier nicht Ursache und Wirkung verwechselt werden. Es gilt als wahrscheinlich, dass hochpathogene Geflügelviren innerhalb der „Geflügelwirtschaft“ ständig vorhanden sind und daher innerhalb dieser auch kursieren. Kann das nicht die Ursache dafür sein, dass die Vogelgrippe immer mal wieder auch in sogenannten geschlossenen Beständen auftritt? Und kommt es vielmehr nicht zu Austrägen von hochpathogenen Viren aus der Geflügelindustrie in Wildvögelbestände als umgekehrt? Spricht die Tatsache, dass Wildvögel in der Regel nicht schwer erkranken, obwohl sie das Virus in sich tragen, nicht dafür, dass frei lebende Tiere widerstandsfähiger sind? Müsste dann die Konsequenz nicht sein, Tiere nicht auf engem Raum in den Stall zu pferchen, sondern raus zu schicken? Wäre das nicht langfristig der bessere Schutz vor der Vogelgrippe?
Inzwischen gibt es auch Wissenschaftler, die ähnliche Fragen stellen. Sie haben auch herausgefunden, dass diese Viren im Freiland nicht lange lebensfähig sind und eine Übertragung über die Luft höchst unwahrscheinlich ist.  Dringender Forschungsbedarf besteht daher hinsichtlich der tatsächlichen Gefährlichkeit der Viren und hinsichtlich der Übertragungswege und in diesem Zusammenhang auch der Bedeutung der Strukturen der Geflügelwirtschaft.  Doch das Friedrich-Löffler-Institut als bundesweit zuständige Forschungseinrichtung für Tiergesundheit geht diesen Hinweisen und Fragen bisher nicht nach. So bleibt es bisher leider bei der bestehenden und fragwürdigen Seuchenpolitik, denen die verantwortlichen Landesregierungen aus Gründen der vermeintlichen Risikominimierung mehr oder weniger blind folgen.